06.12.2012
Land: Guatemala Guatemala
KM: 36.843

Guatemala hält, was es verspricht. Es bedeutet Eintauchen in eine exotische, fremde und bunte Welt, eintauchen in ein anderes Zeitalter. Wir sind fasziniert und hingerissen und doch auch am Rande unserer Möglichkeiten, haben keinen Platz mehr für neue Bilder im Kopf.

Als wir Antigua, eine kleine Stadt im Hochland von Guatemala erreichen, ist Markttag. Die alte Kolonialstadt platzt förmlich aus den Nähten und kaum geduscht, lassen wir uns mit davontreiben, stundenlang mit dem Menschenstrom durch die engen Marktreihen schieben. Alles ist faszinierend. 

Die Mayas, die Ureinwohner Guatemalas, bestimmen das Bild. Sie sind klein und drahtig und bunt gekleidet. Die Frauen tragen lange, handgewebte Wickelröcke, dazu farbenfrohe, bunte Blusen. Die Haare kunstvoll frisiert, sehen sie einfach nur wie Wesen aus einer komplett anderen Welt aus. In großen flachen Körben balancieren sie ihre Waren und Einkäufe durch die Reihen, stolz und aufrecht.
Der Markt selbst quillt über von Obst- und Gemüsesorten, in einer nie gesehenen Vielfalt und Menge. Alles ist riesig. Und immer und überall gibt es Blumensträuße, in unglaublichen Dimensionen. Blumen haben eine herausragende Bedeutung und sind selbst in ärmlichsten Wohnverhältnissen präsent.
Zwischen all den lautstark angebotenen Waren gibt es kleine Garküchen mit den köstlichsten Speisen. In jeden Topf muss ich meinen Kopf stecken und probieren, was die Frauen da so köcheln und es schmeckt einfach großartig. Handtellergroße Tacos werden angeboten, bestrichen mit einer Paste aus schwarzen Bohnen oder Avocadocreme, Käse und einer scharfen Sauce, Tortillas in allen Varianten, gefüllt mit Fleisch, Käse oder Gemüse, gedämpfte kleine Maisküchlein, süß oder pikant, Suppen und Eintöpfe, gebratene Bananen… es nimmt kein Ende.

Nach drei Stunden flüchte ich in die Einfachheit des Hostels, mein Kopf platzt fast, doch schon nach kurzer Zeit zieht es mich wieder hinaus. Gefesselt von dieser exotischen Welt, kann ich nicht still sitzen.

In Antigua freunden wir uns mit Fernando und Raoul, den Betreibern des Hostels, die nebenbei oder umgekehrt Tierärzte sind, an, grillen mit ihnen gemeinsam und lernen so das Land auch noch von einer anderen Seite kennen. Wir hören von den Problemen des Landes, von der nach wie vor hohen Gewaltbereitschaft (so ziemlich jeder ist ganz legal bewaffnet), der großen Armut (der Durchschnittsverdienst eines Arbeiters liegt bei monatlich 80 €), des geringen Bildungsniveaus, hören von den Problemen, die allein die vielen Sprachen mit sich bringen. So winzig klein wie dieses Land mit seinen 13 Mill. Einwohnern ist, so werden 53 verschiedene Sprachen gesprochen, allein 20 verschiedene bei den Mayas und am wenigsten spanisch. Die Kinder gehen nur kurz oder gar nicht in die Schule, müssen beizeiten zum Lebensunterhalt der Familie beitragen und überall sehen wir schon die Allerkleinsten, wie sie große Bündel Holz aus dem Wald tragen oder in den unzähligen, winzig kleinen Shops am Straßenrand hinter dem Tresen stehen. 

In Guatemala sind wir hin- und hergerissen zwischen Faszination und Überforderung.
Uns fehlt die Einsamkeit des wilden Campens, die einfachen Rituale. Ankommen, das Zelt aufbauen, eine Suppe kochen und dann stundenlang in die Sterne schauen, dabei den Tag Revue passieren lassen. Das ist bei diesem unsteten Wanderleben ein Ausgleich von unschätzbarem Wert. Jetzt, wo wir so gut wie jeden Tag in einem Hostel übernachten, ist der Tag von Anfang bis Ende gefüllt mit Bildern. Der wöchentliche Wechsel in ein anders Land trägt auch noch dazu bei, dass die Sinne kaum zur Ruhe kommen und wir Sehnsucht nach einsamen Gegenden und Stille haben. 

Und so freuen wir uns auf Mexiko, auf  weniger dicht besiedelte Gegenden, auf Wüste und auf „Nichts“. Doch erst einmal kommt das zentrale Hochland. Klettern ist angesagt und eins ist sicher, auch hier wird uns die Vielfalt gefangen nehmen.  

Die Bilder zu Guatemala sind online.



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Kommentare

Manuela, 06-12-12 18:32:
Wie gewohnt ein wunderbarer Bericht - beim Lesen reist man mit! Wünsche Euch für Mexico viel Spaß und Ausdauer - falls ihr Hilfe etc. braucht, ein Onkel von mir lebt dort! Einfach melden - stelle dann Verbindung her! Hier ist nun der Winter angekommen :-(
Oliver, 06-12-12 17:45:
Ja, danke vielmals, schöne Impressionen aus Guatemala. Viel Spaß euch beiden beim "Klettern" in Mexiko. San Cristóbal soll auch eine tolle Stadt sein, aber wohl touristischer. Weiterhin alles Gute euch beiden.
Anne, 06-12-12 13:30:
Soooo schön geschrieben! Habs gleich zweimal gelesen und noch öfter die Fotos geguckt! Echtes Eintauchen in ein anderes Zeitalter - mal wieder! Jakob, Timo und ich wünschen dir und euch von Herzen einen schönen Nikolaustag! (hier liegt übrigens Schnee ... ach ja: das ist das weiße kalte Zeugs das im Winter ab und zu vom Himmel fällt! ;o))

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