06.08.2011
Land: Tadschikistan Tadschikistan
KM: 8324 (davon 450 per Bus/Taxi)

Dushanbe – Der Usbekische Grenzbeamte gab sich nicht mit einem unserer Fotos aus seinem Heimatland zufrieden, nein, er wollte alle sehen. Mit einem schwer zu deutenden Grinsen klickte er sich durch meinen Fotoapparat und genoss die Demütigung in Zeitlupe. Bettinas Wäsche wurde parallel von einer Dame durchwühlt. Eine halbe Stunde später schmiss uns ein überdrehter, herumschreiender Tadschike die abgestempelten Pässe beinah vor die Füße. Was ist so schön an ein bisschen Macht, dass sie so demonstriert werden muss? Hierarchien sind alles und werden mit Begeisterung zelebriert.

Wir sind in Dushanbe gelandet (700.000 EW, 800 Meter hoch), die als die Schönste unter den Central-Asiatischen Hauptstädten gilt. Wir können es bestätigen. Die monumentalen Avenues werden von langen, schattenspendenden Baumreihen geschmückt, große Parks, neoklassische Gebäude in Pastelltönen und das Pamir-Gebirge im Hintergrund begeistern uns. Wir können kaum glauben, dass hier bis vor rund 10 Jahren ein dramatischer Bürgerkrieg tobte, der seinen Ursprung in der Auflösung der Sowjetunion hatte. Für uns ist es wohltuend mal wieder in einer „normalen“ lebendigen Stadt zu sein und nicht in den doch manchmal etwas kulissenhaft wirkenden Touristenzentren Buchara und Samarkand.

Das gewaltige Pamir-Gebirge ist ohne Frage das prägende Highlight in Tadschikistan, einem Land, das im Laufe der Geschichte immer wieder von geostrategischen Konflikten vor allem zwischen den USA, Russland und China gebeutelt wurde, vielfach auch als „The Great Game“ bezeichnet.

Unser „Great Game“ beginnt am Sonntag, dann starten wir endlich auf die rund 1200 km lange Hochgebirgsstraße des Pamir Highway (vielfach ohne Asphalt), zu großen Teilen direkt entlang der Grenze zu Afghanistan.

Das Visa für Tadschikistan und das Permit für die Regionen um den Highway haben wir endlich zusammen und damit den leichten Lagerkoller aus Samarkand überwunden. Die Express-Sendung (50$, offiziell 3-4 Tage) von Teheran nach Samarkand (rund 1800 km) flog über Dubai-Paris-Köln-Frankfurt nach Tashkent, wo wir sie nach 6 Tagen per Taxi (300 km ein Weg aus Samarkand) abholten. Fast schon wieder für Begeisterung sorgte dann noch ein unsäglicher Mix aus Kompliziertheit, Hilflosigkeit und Arroganz bei der Organisation des Permits für den Highway hier in Dushanbe.

Inzwischen haben wir die Spielregeln zwangsläufig verstanden. Wir können planen was wir wollen, es wird in den meisten Fällen auch funktionieren. Nur eins ist völlig klar, es klappt immer garantiert auf einem anderen Weg als gedacht und dauert definitiv länger.

Ab jetzt hat es aber ein Ende mit den Formalien und gesundheitsbedingten Breaks und das Radfahren steht wieder im Mittelpunkt. Die Hitze ist uns übrigens immer noch treu, es ist brutal heiß und das einfach jeden Tag. Gestern und heute stieg das Thermometer erneut auf über 40 Grad, wir hoffen auf die Höhe. Spätestens ab Montag bewegen wir uns nur noch zwischen 2000 und 4500 Höhenmetern.

Ganz erstaunlich hat sich übrigens in diesem Zusammenhang unsere Beziehung zu den amerikanischen Brausen „Cola“ und „Fanta“ entwickelt. Zuhause in Berlin eher kaum registrierte Getränke, sind wir hier zu echten Fanatikern geworden. Es ist nicht in Worte zu kleiden, was für eine Befriedigung eine eiskalte Cola oder Fanta für permanent extrem ausgedörrte Radfahrer darstellt. Nahrung und Flüssigkeit zugleich!

 



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Kommentare

Kai, 14-08-11 13:25:
Hey Ihr Abenteurer, mir fehlen ein paar mehr Fotos, auf dem der Fotograf zu sehen ist. Ist der Bartwuchs etwa schon so ausgeufert?!? ;) Euer Reisetagebuch liest sich immer wieder erstklassig. Weiterhin alles Gute!
Sabine, 10-08-11 21:55:
Hallo ihr beiden! Auch wenn ich selten dazu komme, lese ich mit Begeisterung eure spannenden Berichte über eine Welt, von der man wirklich viel zu wenig weiß und erst recht viel zu wenig sieht!

Auch wenn die Kinder momentan mein Full-Time-Job sind, bin ich jetzt endlich auf dem laufenden!

Während ihr durch den Iran geradelt seid, ist am 29.06.2011 meine zweite Tochter geboren! Sie heißt Nele und wird laufen und sprechen können, wenn ihr am Ende eurer Reise wieder heimatlichen Boden betretet. Maja ist stolz, eine große Schwester zu sein und wird bei eurer Rückkehr das Radfahren gelernt haben und hoffentlich auch schon eine begeisterte Skaterin sein!

Ich bin sehr gespannt auf die nächsten Berichte! Bleibt gesund, passt gut auf euch auf und habt noch viel Spaß bei diesem ereignisreichen Abenteuer!

Bis bald!
Mario, 08-08-11 20:10:
Hey ihr Zwei,
immer lächeln und nicken oder ein paar extra Dollar em Reisepass so kommt man in diesen Ländern immer weiter :-)
Wünsche Euch für die nächsten Tage in der Höhe frische Luft und angenehmere Temperaturen.

Grüße Mario und Sabi
Mona & Lutz, 07-08-11 18:00:
.... geniesst einfach nach dem ungewollten Trubel an der Grenze einfach in der nächsten Zeit die Einsamkeit und Ruhe sowie die Schönheit der Gegend. Eich wünsche ich genügend Kraft für diese Kilometer und am Abend immer genug "Futter" damit Ihr Euch für den nächsten Tag stärken könnt ... ich weiß garnicht wie ihr das anstellen wollt .. wenn man sich die Strecke anschaut, da kommt ja nicht viel ausser Berge ! .. Also haut rein, viel Glück !
Anne+, 07-08-11 15:42:
Ich freu mich schon auf die Fotos!!! Daumen für kältere Temperaturen in der Höhe sind gedrückt - ich kann zur Zeit den Wunsch nach etwas "Kühle" echt gut nachvollziehen (obwohl mir Kugel der diesjährige deutsche "Sommer" ja bisher meist echt entgegenkommt!)... Liebe Grüße und immer diplomatisch geduldig bleiben, gel?!
Lutz (GC), 06-08-11 15:14:
Schön wieder was Neues zu lesen von euch. Man sieht wieder mal, auf der ganzen Welt gibt es doch irgendwelche "Probleme". Wenn auch ganz anders gestrickt als in GER. Und gibt man einem geistreichen Menschen etwas Machtbefugnis, so spielt er sich auf wie sonst etwas. Auch das ist doch überall das Gleiche. Übrigens hat ein Freund von mir (auch mit Bike), voriges Jahr in Tadschikistan + Kirgiststan noch viele solcher tollen Erlebnisse an dortigen "Grenzen" gehabt. Offizier mit Badeschlappen und Kaschi spielt sich auf wie sonst etwas. Und eigentlich wollen die meist nur Kohle haben. Schön das nach einer Grenze gleich mal die nächste kam. Mein Freund wusste nie richtig, wann er wirklich mal über so eine Stammesgrenze drüber war. Es ist eben schon, durch die Nähe zu Afghanistan alles sehr verworren gewesen. Stefan wollte übrigens gestern nach Indien fliegen. Sein Abschied, nach 2 monatigen Aufenthalt, bei den lieb gewordenen Freunden, im Iran, ist ihm schwer gefallen. Na ich hoffe für euch alle weiterhin das Beste und bleibe natürlich dran an euren Reisen. Gruß aus Sachsen
Janina, 06-08-11 13:19:
Ach Alex, wenn man sonst so wenig hat, was Spaß macht und dauernd das Gefühl hat wenig wert zu sein, dann muß man halt das bißchen Macht, das einem gegeben wird ausnutzen. Das funktioniert überall auf der Welt genau gleich. Etwas "Demut zeigen" und auf gar keinen Fall die Fassung verlieren ist da genau die richtige Taktik - oder wie meine Kollegin sagen würde "Heitere Gelassenheit"!
Ich wünsch Euch weiterhin alles Gute, eine gesunde und pannefreie Weiterfahrt .... und gucke jeden Tag nach einem neuen Bericht

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