Khorog - Menschen und Material ächzen und stöhnen vor sich hin und sind am Limit. Es trifft alle gleich; LkWs, 4x4-Autos, Radfahrer oder Esel, die uns mit ihrem markerschütternden Geschrei aufschrecken. Mit Beginn des Pamir-Gebirges sind die Naturgewalten in roher und ungezähmter Weise über uns hineingebrochen. Die Straßen sind in unsagbar schlechtem Zustand und die km Angaben in unserer an sich guten Karte stimmen mit der Realität nicht überein. Die letzten 200 km von Dushanbe bis Kalaikhum an der afghanischen Grenze bestehen nur aus Piste mit Gesteinsbrocken, Schlaglöchern und Versandungen, einmal müssen wir die Räder hüfttief durchs Wasser schieben. Man hat fast den Eindruck, dass sich das wilde Gebirge gegen jede Form einer entstehenden Infrastruktur zur Wehr setzt. Mit einem Schnitt von 8 km/h kämpfen wir uns durch ein ewiges Auf und Ab, um am Ende 1400 Meter in die Höhe auf den Khaburabot Pass (3250 Meter) zu kurbeln. Auf rumpelnder Piste geht es dann in langsamer Fahrt 2000 Höhenmeter in die Grenzstadt hinunter. Die Hände schmerzen vom Dauerbremsen und wir wissen nicht, ob das Hoch oder Runter anstrengender war.
Uns motivieren die spektakuläre Landschaft und die emotionalen Momente beim Erreichen jeden Zwischenzieles, wie dem Khaburabot Pass. Die vielen extremen Eindrücke entschädigen für die manchmal grenzwertigen Belastungen. Wie so oft hilft es uns die Gedanken auszublenden und auf den Modus „weiter machen“ zu schalten.
Gleich nach unserem Start in Dushanbe treffen wir Hanna und Phil, 30 Jahre, aus London. Sie machen ihre erste Radtour und das gleich von Istanbul bis Peking. Ursprünglich wollten auch sie nicht zum Pamir-Highway, haben sich aber von den endlosen Berichten in den usbekischen Radler-Hostels überzeugen lassen. Wir fahren teilweise zusammen und verbringen einige Abende gemeinsam. Später, auf dem Weg entlang der Grenze nach Khorog, treffen wir auch noch Net und Hake, zwei Jungs aus San Francisco, die uns mit Ihrer Gitarre unterhalten sowie Alex aus Kasan (Russland), der mit detaillierten russischen Militärkarten auftrumpft. Wahrlich eine internationale Runde.
Von Kalaikhum führt uns die Straße 250 km entlang der Grenze zu Afghanistan nach Khorog, der selbsternannte Hauptstadt des Pamir. Beide Länder trennt der teilweise reissende Strom „Panj“. Hier rollen wir überwiegend wieder auf Asphalt, wenn auch auf keinem guten. Wir haben viel Zeit nach Afghanistan hinüber zu blicken und die Gedanken schweifen zu lassen. Seit dem ich Politik bewusst wahrnehme, steht das Land fast permanent im Focus der Weltöffentlichkeit. Ob das Verfolgen der Olympischen Sommerspiele 1980 nur im DDR-TV (Westboykott aufgrund des Russland/Afghanistan Krieges), die Aussage vom ehemaligen Verteidigungsminister Struck, das unsere Heimat am Hindukusch verteidigt wird, oder die aktuellen, nicht enden wollenden tragischen Ereignisse. Wir sehen beinah ununterbrochen eine wenig besiedelte gewaltig Felslandschaft, mit schmalen oftmals steilen „Eselspfaden“, sowie vereinzelten ärmlichen Siedlungen.
Der offizielle Pamir-Highway beginnt hier in Korogh. Wir wollen jedoch noch weitere 200 km die Afghanische Grenze nach Süden verfolgen, um vom viel gepriesenen Wakhan-Tal aus einen Blick auf die 7000er Berge des Hindukusch werfen zu können. Später treffen wir dann wieder auf den offiziellen Pamir-Highway und müssen über einige Pässe jenseits der 4000 Meter klettern. Ende August wollen wir dann im Chinesischen Kashgar eintreffen.
Um nicht zu viele Superlative zu der wahrlich atemberaubenden Landschaft zu gebrauchen, sei auf unsere Fotogalerie zu Tadschikistan verwiesen.
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Kann mich meinen Vorrednern nur anschliessen, sensationelle Tour, senstationelle Leistung, sensationelle Bilder und Eindrücke.
Nicht locker lassen, wollen euch bis Bali im Einsatz sehen.
Herzliche Grüße aus Schleswig-Holstein
Kerstin und Michael
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