Land: Usbekistan

Samarkand - Die junge, in traditionellem usbekischem Gewand gekleidete Frau auf dem Beifahrersitz sang fröhlich die von einer Musikcassette plärrenden Songs des deutschen Sangeskünstlers Dieter Bohlen mit. Wir staunten nicht schlecht, hinter ihr, im winzig kleinen Daewoo - Dalma, auch „Baby-Bus“ genannt, der in munteren Schlangenlinien die vielen Schlaglöcher umfuhr. Passgenau waren wir samt Räder und Gepäck in das beliebte usbekische Transportmittel eingebaut worden.  

Ja, nun ist es mal passiert, wir sind die ersten 100 km nicht mit eigener Kraft gefahren, sondern per Anhalter bis nach Samarkand. Nachdem Bettinas Magen sich wieder beruhigt hat, erwischte es mich auch noch, an ein Weiterradeln war nicht zu denken.

Die mehrerer Hinsicht trifft der Begriff „Wartezone Samarkand“ zu. Wie schon in Mashhad/Iran und Buchara/Usbekistan treffen sich hier in einem allseits bekannten Hostel alle Radreisenden. Warten auf Visa oder andere Radler, Erholung von Turkmenistan oder dem Pamir-Highway oder das auskurieren von Magenerkrankungen; es gibt viele Gründe für ein paar Tage Aufenthalt. Im Innenhof des Hostels hat sich ein kleiner Fuhrpark mit staubigen und weitgereisten Drahteseln gebildet. Sabine aus der Schweiz, Herbert aus Köln, Jeremy aus Kanada, Albert aus Holland, Yannick aus Frankreich und einige mehr, man trifft sich im „Nadelöhr“ Central-Asien immer wieder.

Seit Mittwoch ist das Tadschikistan-Visum im Pass, wir haben uns riesig gefreut. Mit dann doch größerem Aufwand hat unser Teheraner Freund Daniel hier entscheidend weiter geholfen. Nun warten wir ungeduldig auf die Kurierpost aus Teheran und geben uns bis dahin ein letztes Mal dem Seidenstraßenzauber mit den vielen wunderschönen blauen Kuppeln hin.

Was gibt es noch über Usbekistan zu berichten? Auf jeden Fall ist „schnell“ ein Fremdwort. Alles geht einen sehr ruhigen Gang. Der wenige Verkehr fließt ohne Hektik vor sich hin, Informationen in gebündelter Form (Tourist Info, bspw.) gibt es nirgendwo und man muss mindestens 3 Leuten eine Frage stellen, damit sich die richtige Antwort langsam herauskristallisiert.  

Die englische Sprache ist wenig verbreitet. Teilweise scheinen die Einheimischen fast ein wenig erstaunt zu sein, dass nicht alle russische sprechen können. Neulich, bei einer mittäglichen Siesta unter einem schattigen Baum, setzte sich ein Bauer samt Kuh an der Leine neben Bettina und redete eine Stunde fröhlich auf sie ein. Ihm war einfach nicht klar zu machen, dass sie max. 3 Worte versteht.

Preise sind hochelastisch. Der Besuch der bekanntesten örtlichen Moschee sollte für Usbeken 20 Cent und für westliche Touristen 5 Euro kosten. Wir zögerten kurz, worauf uns ein Sicherheitsbeamter zur Seite winkte und den Eintritt für die Hälfte anbot. Irgendein Deal geht immer. Im größeren Maßstab kommt dann wohl so auch mal eine Fußball WM nach Russland!

Die Central-Asiatischen Länder haben für uns bisher etwas gemütliches, friedliches und unaufdringliches. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft erschließt sich oft erst auf den zweiten Blick, ist aber reichlich vorhanden. Es ist erstaunlich sauber, nach dem Iran ein wohltuender Anblick. Die Menschen scheinen aus allen Himmelsrichtungen kommend hier ihre Heimat gefunden zu haben. Neben typisch russischen Gesichtern sieht man viele Formen asiatischer Gesichtszüge und –farben, dazu  unterschiedlichste traditionelle Kleidungen. Der westliche „way of life“ ist weniger vorhanden als gedacht. Eine Ausnahme bildet natürlich die Musik von Dieter Bohlen.