Land: Mexiko

(von Joachim)

„Alex hätte es hier gefallen!“ Bettina nimmt die rechte Hand vom Lenker, macht eine weit ausholende Bewegung und streift mit ihrem Arm in großem Bogen über die grandiose Hochebene. „Er wäre begeistert gewesen“, ruft sie mir zu. Alex – so sagt sie – habe diese Armbewegung immer dann gemacht, wenn er hingerissen war von der Landschaft, ergriffen, enthusiastisch, glücklich. Alex liebte Hochebenen, die Weite, wenn sich am Horizont Himmel und Erde berühren…

Wir fahren durch einsame Berglandschaften: Felsen, Dornensträucher, Akazien, Kakteen. Ein unspektakuläres und dennoch beeindruckendes Farbenspiel begleitet uns: der Himmel blau, darunter alles gelb, grün, braun oder ocker-rot. Abends verfärbt sich der Himmel ins Violett, Rosa, Orange und Feuerrot. Später kommt der Neumond zum Vorschein, seine Sichel neigt sich gut gelaunt auf den Rücken. Ich stelle mir vor, dass Alex dort oben sitzt, mit den Beinen schaukelt und ein Buch liest.

Fast zwei Jahre ist Bettina jetzt unterwegs. Durch eisige Kälte und schweißtreibende Hitze. Über 5.000 Meter hohe Pässe und langgezogene Wüstenplateaus. Nicht einmal in den letzten Wochen höre ich sie ob der Widrigkeiten fluchen oder jammern. Nicht einmal erlebe ich sie verzweifelt. Der Mond leuchtet auch, wenn man ihn nicht sieht...

Inzwischen freundet sich Bettina mit dem Gedanken an zurückzukehren. Einmal sagt sie: „Sieh nur, hier sieht’s aus wie in der Sächsischen Schweiz!“ Etwas mulmig ist ihr trotzdem. Weil das Zuhause nicht mehr so ist, wie es mal war. Weil diese zwei Jahre mehr sind als ein Lebensabschnitt. Dennoch freut sie sich auf Berlin und Dresden, auf Freunde, Familie, Franzi… 

Vor ihr liegt jetzt nur noch Baja California: Wüste, Berge, Kakteen, Einsamkeit. Und ich vermute, dass sie mir schon bald wieder zurufen wird: „Alex hätte es hier gefallen!“

Bilder zu Mexiko Galerie 5.