Copiapo - Wie oft mit dem Finger auf dem Atlas entlanggefahren, wie oft mit verklärtem Blick dagesessen, wie oft von ihr geträumt? Welche Mystik geht von ihr aus, wie viele Geschichten, Sehnsüchte sind mit ihr verbunden. Die Panamericana ist der Inbegriff von Fernweh schlechthin. Doch wie sieht sie tatsächlich aus?
Sie macht es uns nicht leicht. Aus der Stille und Einsamkeit der Berge sind wir in La Serena auf sie gestoßen und müssen schwer durchatmen. Ruppig ist sie, laut und dreckig; von Romantik keine Spur. Fest in der Hand der Fernfahrer, die meist im Pulk an uns vorbeidonnern, sind wir zwei winzig kleine Punkte auf der berühmten Straße. Es braucht seine Zeit, bis sich die Fahrer untereinander verständigt haben und über uns Bescheid wissen, bis sie uns in großem Bogen überholen. Doch spätestens in den amtlichen Fernfahrerkneipen fühlen wir uns genauso zu Hause wie sie. Das Radfahren ist hart in dieser Region. Immer weniger Orte, immer mehr Wüste, Sand, Steine, das berühmte „Nichts“ und natürlich Wind. Da freut man sich, wenn nach 60 km eine zerzauste Bretterbude mit ein paar dicken Trucks davor in der Ferne auftaucht. Da träumt man 40 km zuvor schon von deftigem Essen und geerdeten Menschen, freut sich sogar auf den Fernseher. Die tägliche Game Show wird von allen immer und überall hochkonzentriert verfolgt. Auch wir kennen mittlerweile den aktuellen Stand, wissen, warum Sandra das Land zu Tränen rührt und welche Tattoos Mario wo trägt …
Doch auch wenn die Panamericana eine Herausforderung der besonderen Art ist; belohnt werden wir trotzdem reichlich. Mit einer großen Landschaft, einer fantastischen Bergwelt, endloser Weite auf Hochplateaus und mit herrlichen Abfahrten nach schweißtreibenden Pässen. Ab und an begegnen uns auch Menschen, so wie vor ein paar Tagen Harald aus Australien, der uns weit entfernt von jeder Ortschaft joggend entgegenkam.
Von Arica nach Puerto Montt durchläuft er – auf der Panamericana – Chile komplett für eine Kinderkrebsstiftung. 3.700 km, durchschnittlich 55 km pro Tag, kein Pausentag. Seine Frau ist an Krebs verstorben und er ist wohl eher auf der Suche nach einem Weg für sich. Verrückt ist die Geschichte allemal (www.runchile.com). Ein sympathischer und erfrischender Typ und eine berührende Begegnung.
Nach drei Wochen ist uns Chile immer noch recht fremd. Die Menschen sind nicht unbedingt unfreundlich aber auch nicht mehr. Distanziert und eher gleichgültig begegnen sie uns. Oft heißt es erst mal „nein“ und erst das Zauberwort „Aleman“ öffnet überhaupt die Tür, sind die Deutschen doch hoch angesehen im Land.
Die Chilenen scheinen sehr mit sich beschäftigt zu sein, liefern sich in den riesigen Supermärkten wahre Einkaufsschlachten und weit sind sie von der Neugier und Freundlichkeit der Argentinier entfernt. Schade für uns, vielleicht ändert es sich mehr in den Bergen.
Wir haben die Panamericana für uns als „Arbeitsabschnitt“ definiert, wir müssen halt durch, wollen wir zu den Schönheiten des Landes vordringen. 400 km haben wir schon, rd. 700 km liegen noch vor uns.
Die Bilder Chile Teil 3 sind online.
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Mona und Lutz
Es ist immer wieder schön und erfrischend diese Reiseberichte von Dir zu lesen. Man kann sich richtig in den Traum reinversetzen, den man selber träumt und noch icht gewagt hat umzusetzen.
Viel Spass und sehr viel Gesundheit auf Deiner wunderbaren Tour.
Jörn aus Berlin
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