Mashhad - Die Straße nach Mashhad ist eine nicht enden wollende Gerade. Im Hitzeflimmern am Horizont tauchte er erstmals auf. Hussein, ein netter aber ziemlich verrückter iranischer Reiseradler in unserem Alter, aus dem westiranischen Tabriz. Er hat sich zur Aufgabe gemacht, sein Heimatland zu umrunden und das im heißesten Monat. Zur persönlichen Dokumentation holt er sich an jeder Polizeistation einen Stempel ab. Er will beweisen, dass Iraner Disziplin haben, sagt er uns. Wir haben seit rund 3000 km keine reisenden Radfahrer mehr getroffen und begrüßen ihn herzlich. Sein Rad samt Gepäck ist ein gebasteltes Wunderwerk. Beutel überall, verschnürte Rucksäcke, Bastmatte, Bauarbeiterhelm, Monteur- statt Radhandschuhe, Holzleisten, damit nichts in die Speichen kommt und eine abenteuerliche Lichtanlage für Nachtfahrten. So muss es in den Pionierzeiten des Reiseradelns ausgesehen haben. Wir kommen uns dagegen mit unserem modernen Perfektionismus wie ein ICE vor.
Ein gemeinsames Foto und wir ziehen weiter. Nach unserer hitzebedingten Mittagspause taucht er wieder vor uns auf. Er fährt langsam aber scheinbar pausenlos, obwohl er mit jedem am Wegesrand spricht. Wir fahren schnell und konsequent und machen dafür dann große Pausen. Eher am Ziel sind wir durch unsere Fahrweise nicht. Uns wird wiedermal die alte Radlerweisheit bewußt, dass es nicht auf die Geschwindigkeit ankommt, sondern darauf, dass das Rad rollt.
Die besondere Beziehung des Iran zum Bier hatten wir übrigens noch nicht erwähnt. Bier gibt es nämlich überall und eisgekühlt. Ein Problem dabei ist nur, es hat wahlweise u.a. Mango-, Erdbeer-, Ananas- oder Granatapfelgeschmack. Dazu ist es natürlich ohne Alkohol und hat gerne mal deutsche Namen wir „Hoffgarten“ oder „Bavaria“. Der Durst treibt alles rein und somit auch immer mal wieder ein aromatisiertes Bier, auch wenn es bis heute unser Weltbild arg durcheinander bringt.
Aktuell sind wir in Mashhad, der wichtigsten Pilgerstatt des Iran. Hier gelten für Frauen noch strengere Bekleidungsbedingungen. Am 18. Juli beginnt dann die „russische Phase“ unserer Reise, mit den ehemaligen Sowjetrepubliken Turkmenistan (180 km von Mashhad entfernt), Usbekistan und Kirgistan. So lange sind wir in „Vali’s Non smoking Homestay“ untergekommen, einer Institution in der Backpacker- und Radlerszene. Geschlafen wird auf Teppichen, drinnen oder im Hof. Vali, ein exzentrischer und sehr enthusiastischer Hausherr ist Chef im Ring, unterhält die Besucher, löst jedes Problem und bekocht (gemeinsam mit seiner Frau) die Gäste. Abend um 20 Uhr gibt es feinste iranische Küche für alle auf der Terrasse, natürlich im Schneidersitz auf dem Perserteppich. Wie überall im Iran ersetzt der Teppich den Stuhl. Für hüftsteife Europäer ein mühsames Thema.
Ach ja, am letzten Abend vor unserer Ankunft in Mashhad campen wir noch einmal wild, ca. 100 Meter von der Straße entfernt. Gegen 23 Uhr gucke ich noch mal ungläubig aus dem Zelt. Am Horizont gleitet ein einsames, wild bepacktes Fahrrad mit Festtagsbeleuchtung an uns vorbei. Wir können es nicht glauben, Hussein hat uns wieder ein Schnippchen geschlagen. Wir müssen unsere Taktik überdenken.
Eine letzte Fotogalerie zum Iran gibt es in den nächsten Tagen.
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schoene gruesse chris
ich find eure Seite super und lese regelmäßig eure Berichte. Dazu habt ihr meinen vollen Respekt, bei diesen Temperaturen mit dem Rad unterwegs zu sein. Ich bin im Moment gar nicht so weit von euch entfernt in Dubai. War gestern laufen, bei 42 Grad. Mach ich nicht mehr, zu warm :-)
Alles gute weiterhin
Ollie
Mein Hüfte und ich fühlen mit den euren... Das könnt ihr glauben!
Viele liebe Grüße aus Hamburg von Sandra, Lea und Lutz
PS @ Bettina: Ab jetzt kannst Du ja mit alten Sprachkenntnissen auftrumpfen... ;-)
Wir sind alle auf weitere spannende und unterhaltsame Berichte gespannt.
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