Im Kaspischen Meer gemeinsam Schwimmen gehen ist kompliziert. Riesige blaue Plastikplanen trennen den Schwimmbereich für Frauen vom Rest des Strandes ab. Will Bettina nicht in voller Montur, d.h. bekleidet mit langer Hose und Hemd inklusive Kopftuch ins Wasser (was die meisten Frauen tun), muss sie dorthin gehen. Aber auch das geht nur, wenn die Planen, die an einem weit ins Wasser reichenden Zaun hängen, herunter gelassen sind, was wohl nur am iranischen Wochenende (Donnerstag/Freitag!) passiert. Auch darüber hinaus ist das Kopftuchtragen für Bettina zum Alltag geworden. Lediglich beim Radeln außerhalb von Ortschaften reicht der Helm als Kopfbedeckung.
Kurz vor der Abfahrt aus Tabriz lernen wir Sadeg und Sina kennen, zwei 25-jährige, deren Traum es ist, mit dem Rad von Iran bis nach Portugal zu fahren und dann am liebsten noch durch die USA. Sie planen es fest für nächstes Jahr ein. Voller Begeisterung fragen sie uns über alle Details aus und beschließen, spontan mit uns ans Kaspische Meer zu fahren. Wir brauchen drei Tage per Rad, sie, gemeinsam mit ihrem Freund Samad, 5 Stunden per Auto. Nun campen wir zusammen am Sahel (Beach) „Sadaf“, südlich von Astara, schwitzen bei 35 Grad vor uns hin und reden endlos über die iranische und die westeuropäische Welt. Wir erfahren viele spannende Details, die uns sicher in den nächsten Wochen helfen werden. Sie bewirten uns köstlich mit einfachen, in langwierigen Kochprozessen hergestellten Speisen. Wir dürfen nichts dazu beisteuern. Vorsichtige Versuche politische Themen anzusprechen machen deutlich, dass sie die Grundprobleme schon kennen, ihnen aber die Dimension der internationalen Diskussion nicht klar ist.
Der Weg von Tabriz ans Kaspische Meer verlief zumeist durch heiße, wüstenhafte Regionen. Am zweiten Tag blies uns ein Sturm mit solcher Kraft ins Gesicht, dass wir erstmals das Radeln abbrechen mussten. Nix ging mehr. Im Zelt hockend hofften wir, nur nicht weg geblasen zu werden. Am dritten Tag gab es (nach 170 km auf dem Rad!) zur Belohnung eine rasende Abfahrt über 35 km die ca. 1000 Höhenmeterhinab ans Meer. Tropisches Klima mit drückender Schwüle empfing uns. Die Küstenstraße, auf der wir uns jetzt rund 600 km bewegen werden, wird auf der einen Seite vom lauwarmen Meer begrenzt und auf der anderen Seite von Reisfeldern, dampfendem, dichten Wald und Bergen, die sich zwischen 1000 und 5000 Meter Höhe bewegen. Mehr Abwechslung geht nicht.
Die Nahrungsaufnahme ist für uns weiter eine echte Herausforderung. Restaurants sind nur schwer auffindbar und größere Supermärkte gibt es gar nicht. Alles wird über endlos viele, zumeist extrem kleine, kioskartige „Tante Emma Läden“ abgewickelt. Wenn man dann genau guckt, zaubern die Verkäufer unglaublich viel draus hervor, für uns, als radelnde Extrem-viel-Esser, ist es allerdings oft mühsam. Brot gibt es nur morgens in speziellen Bäckereien, die noch versteckter liegen. Richtig problematisch wird es, wenn man sich in der Früh ein Brot erkämpft hat und nach dem Schwimmen feststellt, das es eine Kuh gefressen hat, die hier frei am Strand herumläuft.
Mittlerweile haben wir die optimalen Schattenspender gefunden. Nicht nur hier am Sahel Sedaf gibt es eine Art Strandhütte („Plage“ genannt), die nur aus einem Holz- oder Eisengestell besteht, mit Boden (ca. 50 cm über dem Boden) und Dach (Stroh oder Wellblech). Mit Perserteppichen und Kissen ausgelegt kann man hier endlos rumlagern, schlafen oder das Geschehen beobachten und damit die Hitze möglichst bewegungslos aussitzen. Von den picknickverrückten Iranern eine viel genutzte Einrichtung.
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Liebe Grüße und weiterhin gute und sichere Fahrt
Peter und Gaby
Aber 35km bergab??? Phenomenal! Hattet ihr euch sicher endlich mal verdient so was!
Johanna & Andreas
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