Huaraz - Meter um Meter schlängelt sich die winzig kleine Straße hinauf zum 4.880 m hohen Pass Abra Huarapasca, fällt wieder ab, steigt wieder an. Es ist der für mich bisher schönste Teil Perus und er liegt zwischen Huánuco und Huaraz, wenn man über die „Cordilleras Blanca“ klettert.
Ganz langsam lass ich mein Rad rollen, halte immer wieder an, halte inne, lass den Blick in die Weite und Stille dieser bezaubernden Landschaft schweifen.
Es sind wohl genau diese beglückenden Augenblicke, weswegen ich diese Reise mache, Momente, die sich mit keiner Kamera der Welt einfangen lassen.
Die Begegnungen in den kleinen Bergdörfern sind intensiv. Halten wir an, kommen die Menschen sofort angelaufen, umringen uns mit kindlicher Neugier und schauen uns mit großen Augen an. Alles, alles wollen sie wissen. Woher wir kommen, wohin wir fahren, was in jeder einzelnen Tasche ist, was wir in die Trinkflaschen füllen, was wir essen, ob wir Peru mögen und wo wir schlafen. „Bettina“ übersetzen sie in „Vivanco“, klingt etwas fremd, gefällt mir aber und spreche ich ihre Namen nach, schenken sie mir ihr schönstes Lächeln, rufen immer wieder „Amiga, Amiga“, nehmen mich in den Arm und herzen und drücken mich voller Wärme.
Einmal schlagen wir unsere Zelte neben einem Fußballplatz auf. Die Jungs unterbrechen sofort ihr Spiel, schauen, was wir tun.
Dann betteln sie schüchtern, ob sie mein Rad mal ausprobieren dürfen. Hm! Das ist mir heilig. Aber diesen sehnsuchtsvollen Kinderaugen kann ich nicht widerstehen. Also gut. Ganz kurz. Und dann kurven und eiern sie vorsichtig Runde um Runde, sind für einen Augenblick die Könige. Mit einem fast geflüsterten „Thank you“ geben sie mir mein Rad zurück und rennen beglückt nach Hause. Es sind Begegnungen wie Geschenke. Das ist Peru! Es ist einfach bezaubernd und ich liebe es!
Drei Tage klettern wir den Pass hinauf und dann wandelt sich die Landschaft. Die braunen dicken Grasberge werden rabenschwarze ruppige und wilde Felsen. Strahlend weiße Gletscher ziehen sich fast bis auf unseren Weg hinunter, schicken ihre eisige Luft. Die Fotoapparate klicken ununterbrochen, wir kommen überhaupt nicht mehr voran, halten immer und immer wieder an, kommen aus dem Staunen nicht heraus. Was für eine irre Landschaft! Dann kommt wieder der Punkt, wo ich meinen Fotoapparat einpacke, einsehen muss, dass es einfach unmöglich ist, diese Bilder mit der Kamera einfangen zu wollen. Ich nehme sie dankbar in meinem Kopf mit und ich weiß, dass es mehr als ein Privileg ist, gesund und voller Energie diese Landschaft entdecken zu dürfen.
Am Abend bauen wir unsere Zelte in der einsamen Weite des Graslandes auf und ich werde mit einer weiteren Begegnung beschenkt. Es ist schon dunkel, als ein Pfiff ertönt: Wir bekommen Besuch, denken, ein Farmer schaut vielleicht was wir so tun. Doch aus der Dunkelheit taucht Alexander auf. 16 Jahre ist er alt und unterwegs von dem Dorf wo er als Pferdehirte arbeitet, in die Stadt zu seiner Familie. 35 km zu Fuß durch die Nacht!!!
Wir teilen mit ihm unsere Suppe, den Tee, geben ihm eine Flasche Cola, Schokolade.
Es sei ein wenig schwierig heute, sagt er, der Mond scheint nicht hell und es ist so kalt. Als er wieder aufbricht, er hat schließlich noch 25 km vor sich, wollen wir ihm für den Weg noch etwas Schokolade geben. Doch er lehnt bescheiden ab, er hat ja noch die andere. Beglückt verschwindet er wieder in der Dunkelheit. Ich bin es auch, freue mich: Besuch von Alexander!
Die Bilder Peru Teil 6 sind online.
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"mitradeln" zu können. Ich freue mich für dich, dass es dir gut geht.
Ganz lieben Gruß von Netti
Geniale Bilder, erst beim genauen und längeren Hinsehen erkennt man (vielleicht wenigstens annähernd?), WIE genial es aussieht!
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