Die alte Inkahauptstadt quillt über von Touristen und doch ist sie wunderschön. „Nabel der Welt“ lautet die Übersetzung für Cusco – was für ein Name und mit welchem Selbstbewusstsein wurde er der Stadt gegeben!
Ich schleiche durch enge Gassen, stecke meinen Kopf in zig Kirchen, eine schöner als die andere, versuche mich in diversen Museen mit der Kultur vertraut zu machen, esse zweimal am Tag in der riesigen Markthalle mein heiß geliebtes Ceviche, ein wunderbarer Salat aus rohem Fisch, mariniert in Limettensaft und Chili, trinke bei dem 10jährigen Marco an seinem kleinen Stand den großartigsten Milchkaffee den es überhaupt gibt und bleibe einen Tag länger als geplant. Cusco ist bunt, voller Musik, bezaubert und ist ein kulinarisches Paradies.
Auch vor der Iglesia San Pedro sind Stände aufgebaut und da sind endlich: Die gebratenen Meerschweine. Ziemlich lecker sehen sie aus, nur leider bin ich pappsatt.
Voller Neugier lasse ich mich von dem Menschenstrom in die Kirche treiben. Es ist Freitagvormittag und es wird das Fest der Familie gefeiert. Mit einem wunderbar getragenen Gesang, begleitet von Gitarren, beginnt der Gottesdienst in der brechend vollen Kirche. Vor mir leuchtet ein Meer von Kerzen, eine berührende Stimmung.
Eine kleine alte Frau mit langen grauen Zöpfen sitzt neben mir. Sie spürt meine Tränen, nimmt meine Hand und hält sie und streichelt sie und wärmt sie. Jetzt weinen wir beide.
Zurück im Sonnenlicht sind lange Bänke vor der Kirche aufgebaut und nun kommen die Meerschweine zum Einsatz. Jeder bekommt einen riesigen Teller voll in die Hand gedrückt. Der Pfarrer geht herum und verteilt Bierflaschen; ein Schluck auf die Erde für „Pacha Mama“, der Rest in die durstigen Kehlen. Rosenblätter und jede Menge Konfetti werden auf die Köpfe gestreut. Mit buntem Haar und einer innigen Umarmung verabschiede ich mich von Sophia, der kleinen alten Frau.
Den ganzen Nachmittag ziehen die Prozessionen tanzend und feiernd durch die Stadt, werden teilweise beängstigend schwankend monumentale Heiligenstatuen durch die engen Gassen getragen, begleitet von Feuerwerk und Blaskapellen.
Ich bastel mir meinen Weg zum Machu Picchu zusammen. Das Geschäft mit der alten Inkastadt ist eine gigantische Maschinerie, die es erst einmal zu durchschauen gilt.
Der übliche aber extrem teure Weg führt mit einer vierstündigen Eisenbahnfahrt zum Ziel. Diese ist allerdings fest in chilenischer Hand und kostet für Ausländer zwischen 150 und 180 US$, eine unverschämte Abzocke. Eine direkte Straße gibt es nicht. Will man kostengünstiger hingelangen, braucht man einiges an Zeit, nimmt mehrere Busse oder Rad, arbeitet sich Stück für Stück vor und hat noch einen guten Fußmarsch zu bewältigen. Wie immer ist es die bessere Wahl, wird man doch nicht so hingebeamt und kann sich langsam „heranatmen“.
Ich wähle den Weg mit dem Rad über das Sacred Valley, wo verschiedene Ausgrabungsstätten auf dem Wege liegen und stoße bei Pisaq ins Inkatal. Über die Terrassen kletter ich hoch auf den Berg, hab einen herrlichen Blick über das Tal und die Stadt, futter mich auf dem Sonntagsmarkt durch die Kochtöpfe der Frauen, schau mir gemeinsam mit peruanischen, israelischen und englischen gleich leidenden Spanisch – und Italienfans emotionslos das letzte Spiel der EM an und radel weiter Richtung Aguas Calientes, zum Machu Picchu.
In Ollantaytambo haben die Einheimischen die einzige Zugangsstraße und die Eisenbahnstrecke blockiert, kämpfen für eine gerechtere Justiz. Es ist ein extrem wirksames Mittel an diesem touristischen Nadelöhr. Alle müssen hier durch.
Ich treffe Micha aus Deutschland wieder, mit ihm hab ich in Cochabamba schon Fußball geschaut und er hat noch eine andere Variante in Petto. Ein kleines Stück fahren wir mit dem Minibus und ab km 82 machen wir uns auf die 30 km lange Wanderung weiter durch das Inkatal.
Die Beine wundern sich ob der ungewohnten Bewegung, maulen rum, revanchieren sich mit einem schmerzhaften Muskelkater. Trotz qualmender Füße ist es eine wundervolle Wanderung. Mit einem sehr großen Bier belohnen wir uns, legen beizeiten die Füße hoch und lauschen dem Regen der Nacht. Alle die 4 Uhr aufstehen um den Sonnenaufgang über Machu Picchu zu bestaunen, schauen in einen grauen Himmel.
Als ich aufbreche hängen die Wolken immer noch tief. Noch ein letzter steiler Aufstieg und dann liegt sie vor mir, die berühmte Inkastadt, tief im Nebel verhüllt.
Ich schleiche nicht mehr um jeden Stein herum, suche mir vielmehr oberhalb der Stadt einen ruhigen Fleck und beobachte wie der Nebel steigt, Stück für Stück den Blick mehr freigibt und Machu Picchu aus den Wolken auftaucht, wieder verschwindet, wieder auftaucht, bis sich die Sonne ganz durchsetzt. Ein wahrlich mystischer Ort.
Für den Rückweg wandere ich weiter zwei Stunden flussabwärts, nehme dann den Bus. Mühsam kämpft er sich die reichlich 3.000 m hoch auf den Pass. Im Bus sitzen mehrere Frauen die zum Markt wollen und in ihren großen Bündeln haben sie frisch geröstete Kaffeebohnen. Ein himmlischer Geruch breitet sich aus. Seit Tagen träum ich von einem richtig guten Kaffee …
Endlich zurück in Ollantaytambo bin ich auch irgendwie froh. Den Kopf voller Bilder und Eindrücke setz ich mich auf mein Rad und entfliehe auf einsame Straßen. Genug ausgegrabene Steine angeschaut, genug Menschen um mich gehabt, genug in Backpackerorten rumgehangen, die alle irgendwie gleich aussehen – jetzt wird wieder Rad gefahren!
Die Bilder Peru Teil 2 sind online.
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Ich wünsche dir zwar alles Gute aus Berlin, doch ich weiß bei dir auch, dass du so oder so aus jeder Situation das Beste machst. Du beweist es uns allen immer und immer wieder.
Alexandros
Ich wünsche Dir weiterhin eine sehr gute Fahrt und uns allen weiterhin solche Berichte und super Fotos.
Viel Glück
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